Umrüstung von 6V auf 12V Bordspannung
Eigentlich sollte dieses Thema tabu sein, bedeutet es doch einen Eingriff auf die Originalsubstanz des Fahrzeugs. Und wer mich kennt, weiß, wie ich dazu stehe. Trotzdem: die 6V können durchaus viele Probleme machen und eine Umrüstung kann sinnvoll sein, insbesondere, wenn ein Anhänger am Auto hängt. Und je länger so ein Hänger ist, kommen da schnell einige Meter Kabel zwischen Batterie und Verbraucher zusammen, und bei der geringen Spannung und den hohen Strömen hat man dann schnell einige Volt Spannungsabfall. Und man sollte bedenken, dass bei 6V jedes halbe Volt schon fast 10% der Nennspannung ausmachen! Und 10% geringere Spannung bedeutet z.B. bei einer Lampe fast 20% Helligheitsverlust!

Das größte Problem ist der bei gleicher Leistung doppelt so hohe Strom im 6V-Netz. Leistung in Watt = Strom in Ampere x Spannung in Volt (P = I x U). Nehmen wir als Beispiel eine Nebelschlussleuchte mit einer Birne von 21 Watt. Bei 6V nimmt sie einen Strom von 3,5 Ampere auf, während eine 12V-Birne gleicher Leistung nur 1,75 Ampere aufnimmt. Und der Strom ist es ja, der die Spannung auf den Leitungen in die Knie gehen lässt. Das heisst im Klartext: wir haben bei 6V automatisch einen doppelt so hohen Verlust, der bei der ohnehin nur halben Spannung dann vierfach zu Buche schlägt. "Schuld" daran ist der Physiker Georg Simon Ohm (1789 - 1854). In seinem Ohm'schen Gesetz ist der Zusammenhang zwischen Widerstand, Strom und Spannung festgelegt und das besagt, dass der Spannungsabfall proportional umso größer ist, je höher der Widerstand ist (U = R x I). Das heisst für uns also, möglichst geringe Widerstände in der Zuleitung zu haben (R möglichst klein) oder anders formuliert: möglichst dicke Leitungsquerschnitte zu verlegen. Außerdem kostet jeder Stecker, unabhängig vom Strom, zusätzlich ca. 0,3 - 0,5 Volt. Das ist natürlich auch vom Zustand der Stecker abhängig. Insbesondere sind Oxydschichten immer ein Problem. Und weil die Stecker normalerweise aus Messing oder verzinntem Messing sind, werden die Steckverbindungen im Laufe der Zeit, bedingt durch Luftfeuchte oder Salz, immer schlechter. Dicke Leitungen heißt aber auch viel teures Kupfer. Das war sicher mit ein Grund für die Autoindustrie, generell nur noch Autos mit 12V Bordspannung zu produzieren, ganz abgesehen von der Erleichterung für die Zulieferer, die dadurch ihre Produkte nur noch für eine Spannung produzieren und bevorraten mussten. Denken Sie auch an den Zubehörhandel. Früher mussten alle elektrischen Zubehörgeräte und Ersatzteile wie Lampen, Zündspulen usw. immer in zwei Versionen bevorratet werden, je nachdem, was für ein Kunde kam. Oder der Hersteller hat von sich aus eine Umschaltemöglichkeit vorgesehen, wie beispielsweise bei den Autoradios. Das hat natürlich die Sachen entsprechend verteuert.
Es gibt nur wenige Automarken, wo sich die einzelnen Modelle so leicht von 6V auf 12V umrüsten lassen, wie der VW. Was in der Automobilbranche auf der ganzen Welt wohl einmalig sein dürfte, die elektrischen Aggregate der nachfolgenden Modelle mit 12V-Bordnetz passen nahezu alle in die Vorläufer.
Was muss bei einer Umrüstung beachtet werden? Um es gleich vorweg zu nehmen: es müssen sämtliche elektrischen Komponenten ersetzt werden. Das klingt zwar banal, aber es ist so. Und man darf nichts vergessen, sonst kann es unabsehbare Folgen bis hin zu einer Explosion geben. Das einzige, was bleibt, sind die meisten mechanischen Schalter, also das Zünd-Anlassschloß, die Türschalter für das Innenlicht, der Blinker- und Lichthupschalter und der Schalter für die Kofferraumbeleuchtung, soweit vorhanden. Probleme gibt es aber bereits bei Licht- und Scheibenwischerschalter. Der Lichtschalter beinhaltet oft einen Regelwiderstand für die Instrumentenbeleuchtung und der Scheibenwischerschalter hat einen Einstellwiderstand für die Wischgeschwindigkeit. Diese Schalter müssen erneuert werden.
Klar, dass sämtliche Lampen neue Birnen erhalten müssen. Das betrifft nicht nur die Scheinwerfer, Nebelschluss- und die Rückleuchten, sondern auch die Innenraum- und die Instrumentenbeleuchtung. Denken Sie auch an eine evtl. vorhandene Handschuhfach- oder eine Kofferraumleuchte, wie beim Typ 3. Und nicht vergessen: auch der Warnblinkschalter und der Schalter für eine evtl. vorhandene Nebelleuchte haben jeweils eine Kontrollampe!
Sämtliche Relais müssen ersetzt werden. Dazu gehört natürlich das Relais für die Lichthupe, das Blink- und Warnblinkrelais und sämtliche Arbeitsstromrelais, die nachträglich für Verbraucher mit hohem Strombedarf eingebaut wurden, d.h.alle Relais für Nebel- und Fernscheinwerfer, Starktonhupen und Kompressorfanfaren müssen erneuert werden, natürlich auch die Hupen selbst.
Schauen wir jetzt mal in den Motorraum. Hier bleibt als einziges "Elektrogerät" lediglich der Verteiler unberührt. Zündspule, LiMa und der dazugehörige Regler (bei späteren Modellen nicht auf der LiMa sondern unter der Rückbank) müssen weichen. Wenn Ihr Motor eine thermische Startautomatik mit Bi-Metall-Dose am Vergaser hat, dann muss auch sie raus, bei Zweivergasermotoren gleich zweimal. Schön, wer noch einen mechanischen Choke hat! Der hat damit keine Arbeit. Und der Anlasser darf auch nicht vergessen werden, auch wenn man ihn vom Motorraum aus nicht sieht. Aber die Zündkerzen dürfen bleiben - ein kleiner Trost.
Das grösste Problem dürfte vermutlich die Batterie werden, nicht von der Beschaffung her, denn da gibt es genügend passende Modelle, beispielsweise die Typen 53653 (12V 36Ah) oder 54465 (12V 44Ah). Beide Typen sind recht preiswert, weil sie u.a. im VW-Polo ab 1981 in grossen Stückzahlen Verwendung fanden. Aber die meisten 6V-VW's waren serienmäßig mit Hartgummibatterien ausgestattet. Sie wurden mittels Spannband befestigt, das über einen Stahldeckel festgeschnallt wurde. Der Brezelkäfer hatte links und rechts von der Batterie jeweils einen Federzug mit Haken, der in den Deckel eingehängt wurde und die Batterie niederhielt. Die modernen Batterien mit weißem Polypropylen-Gehäuse werden aber am Fuß mit einer Pratze festgeschraubt. Um das zu realisieren, muß ein Loch in den Boden gebohrt werden! Ich würde das als Vandalismus bezeichnen, aber ... ? Vielleicht gibt es auch eine weniger schmerzliche Befestigungsmethode.
Zu beachten ist außerdem der Anschluss der Batterie. Mit Sicherheit muss das Masseband verlängert werden, denn bei der 6V-Batterie ist der Minuspol rechts hinten, der Pluspol links vorne. Bei der 12V-Batterie sind aber beide Pole vorne. Die Durchmesser der Pole sind zum Glück für 6V und 12V gleich, sodass die Anschlüsse passen (Konuspol).
Damit sind aber noch nicht alle Verbraucher erfasst. Ein neuer Scheibenwischermotor und eine evtl. vorhandene Scheibenwasserpumpe müssen her. Falls Sie ein Radio haben, das umschaltbar ist (nahezu alle 6V-Typen sind auf 12V umschaltbar), dann ist das schnell zu machen, sofern Sie noch wissen, wie das geht. Falls Sie ein Fahrzeug mit Winkern haben sollten, dann wird es wohl sehr bitter werden. Meines Wissens nach gab es keine Winker für 12V mit den Befestigungen, die in die Schächte beim VW passen! Die 12V-VW's hatten alle keine Winker mehr. Da hilft nur neu wickeln (doppelte Windungszahl bei halbem Drahtdurchmesser) oder auf den Winker ganz zu verzichten.
So, nun hoffe ich, dass ich mit meiner Aufzählung der notwendigsten Arbeiten dazu beigetragen habe, Ihnen die Lust an der Umrüstung Ihres klassischen 6V-VW's zu verderben. Oftmals sind die Probleme, die bei der Elektrik der 6V-Autos auftreten, damit zu beheben, dass sämtliche Steckverbindungen sauber oder neu gemacht werden, dass die Sicherungen und Schalter mit ihren Kontakten gereinigt und mit Kontaktspray behandelt werden, Oxydschichten in Fassungen von Scheinwerfern und Schlussleuchten entfernt und Masseverbindungen übers Blech sorgfältig behandelt werden. Man darf ja nicht vergessen: als das Fahrzeug das VW-Werk vor 'zig Jahren verließ, hat es ja auch gut funktioniert, und die Konstrukteure haben damals sicher auch gewusst, wie man Autos baut. Also so ganz schlecht waren die 6V-Autos nicht. Und auch das Problem der Ersatzteilbeschaffung ist heute nicht mehr so gravierend, wie noch vor 15 oder 20 Jahren. Es gibt gute Gebrauchtteile oder auch Nachbau-Geräte, die zwar nicht immer billig sind, aber die ihren Dienst zufriedenstellend versehen. Es gibt sogar Neuentwicklungen von 6V-Geräten. Von Hella gibt es unter der Teilenummer 4AZ003 787-011 ein elektronisches Blink-Warnblinkrelais, das auch für Anhängerbetrieb geeignet ist und die dabei vorgeschriebene zusätzliche Signallampe ansteuern kann. Und es gibt zuverlässige Händler wie z.B. Mr. John's Volksshop (siehe Umschlagseite), wo eine Anfrage immer willkommen ist und fast jeder Wunsch erfüllt werden kann.
Wo eine Umrüstung allerdings Sinn machen könnte, ist dann, wenn Sie planen, einen Wohnwagen mit elektrischem 12V-Kühlschrank und Absorberkühlung hinter sich herzuziehen. Diese Geräte haben eine Leistungsaufnahme von über 100 Watt. Mir ist nicht bekannt, dass es Kühlschränke für 6V-Betrieb gibt oder gegeben hat. Tatsache ist aber, dass bei 100 Watt und 6V ein Strom von über 16A zu erwarten ist. Und Sie können sich leicht vorstellen, was dann noch von den 6V beim Kühlschrank ankommt.
Doch auch hier gibt es eine Alternative zur Umrüstung: wenn man den Kühlschrank unterwegs nicht mit Gas betreiben will (bei vielen Modellen ist das sogar verboten), kann man heute dieses Problem elegant lösen, indem man sich einen Spannungswandler kauft, möglichst nahe bei der Batterie montiert und mit dicken kurzen Drähten an die 6V anschließt. Sehr gut geeignet ist dafür der Anschluß B+ am Regler oder die Klemme 45 (Hauptstrom) beim Anlasser. Den 12V-Ausgang verbindet man über ein Kabel (4 mm² Querschnitt) mit dem Stift 2 (54g) der 7-pol. Anhängersteckdose. Damit sind nach wie vor die Schlussleuchten des Anhängers mit 6V betrieben, die Innenbeleuchtung und der Kühlschrank laufen dann aber mit den 12V des Wandlers und die Übertragungsverluste sind entsprechend geringer.
Einen passenden Wandler für 120 Watt (12V 10A) gibt es von Fa. Statron Gerätetechnik GmbH Ehrenfried-Jopp-Str. 59 15517 Fürstenwalde Tel 03361-372101 Fax 03361-372103. Die Typenbezeichnung lautet "2238.0". Der Preis lag 1996 bei DM 97,00 (netto). Bedenken Sie aber, dass der Wandler bei Vollast aus der 6V-Batterie über 20A zieht! Die 6V-Anschlüsse sollten daher nicht unter 6 mm² sein und so kurz wie möglich verlegt werden. Bei Nichtgebrauch muss er abgeschaltet werden, da er einen kleinen Reststrom (ca. 30 mA) zieht. Der Wandler wird im Betrieb unter Vollast ziemlich warm, daher ist für gute Belüftung zu sorgen. Die Montage unter der Rückbank bietet sich zwar an, kann aber zu Wärmestau führen. Ein kleiner Ventilator mit Temperatur-Sensor, wie sie heute bei den Computern Verwendung finden, kann da Abhilfe schaffen.
Dass Sie an dem Wandler auch andere 12V-Geräte wie Peltier-Kühlboxen, Fernseher oder Videorecorder betreiben können, wenn er nicht gerade mit dem Kühlschrank beschäftigt ist, versteht sich von selbst. Es wird aber nur so lange funktionieren, bis die gute Batterie alle ist.